(LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.10.2016, Az. 3 Sa 34/16)
Gemäß § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) können Arbeitsverträge bei Neueinstellungen bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren ohne Sachgrund befristet werden. Das erleichtert den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen aus Sicht der Arbeitgeber ganz erheblich, denn ansonsten bedürfen Befristungen einer sachlichen Begründung.
Was das Gesetz allerdings unter Neueinstellungen versteht, war und ist in der Rechtsprechung umstritten. Nimmt man den Gesetzestext wörtlich, ist eine Neueinstellung dann nicht mehr möglich, wenn der einzustellende Arbeitnehmer bei dem betreffenden Arbeitgeber schon einmal irgendwann in der Vergangenheit beschäftigt war, und sei es auch vor sehr langer Zeit.
Diese strenge Lesart des Gesetzestextes hat das BAG in seinem überraschenden und aufsehenerregenden Urteil vom 6.4.2011 (Az. 7 AZR 716/09) aufgegeben und vertritt seither die Auffassung, dass eine sachgrundlose Befristung nicht an früheren Arbeitsverhältnissen scheitert, wenn diese länger als drei Jahre zurückliegen.
Die als Rechtsschöpfung bezeichnete Rechtsprechung des BAG wird seitdem heftig kritisiert, da sie mit dem insofern eindeutigen Gesetzeswortlaut nicht in Einklang zu bringen ist, sondern wohl eher auf praktischen Erwägungen beruht. Kritik wurde hierbei nicht nur seitens der Literatur (vgl. etwa: Lübke in Gemeinschaftskommentar zum Kündigungsschutzgesetz und zu sonstigen kündigungsschutzrechtlichen Vorschriften, § 14 TzBfG, 11. Aufl., 2016) geübt, auch einige Gerichte haben dem BAG in dieser Rechtsfrage die Gefolgschaft verweigert.
Zu diesen "Befristungsrebellen" gehört das LAG Baden-Württemberg. Schon 2013 (6. Kammer, Urteil vom 26.9.2013, Az. 6 Sa 28/13) und 2014 (7. Kammer, Urteil vom 21.02.2014, Az. 7 Sa 64/13) hatten zwei Kammern dieses Gerichts klargestellt, dass sie der Rechtsprechung des BAG nicht folgen. Mit der vorliegenden Entscheidung hat sich nunmehr auch die dritte Kammer des LAG Baden-Württemberg gegen die umstrittene Rechtsprechung des BAG gestellt. Sollten die BAG-Richter auch in diesem Fall an ihrer umstrittenen Rechtsprechung festhalten, könnte der betroffene Arbeitnehmer Verfassungsbeschwerde erheben und geltend machen, dass die Rechtsprechung des BAG gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstößt. Die Erfolgsaussichten einer solchen Verfassungsbeschwerde werden allgemein als hoch eingeschätzt.
Anmerkung:
So interessant und manchmal auch amüsant sich widersprechende Entscheidungen für das juristische Fachpublikum sein mögen, so ärgerlich ist dies für die praktische Anwendung. Arbeitgeber dürfen sich angesichts dieser unklaren Rechtslage aktuell nicht darauf verlassen, dass eine sachgrundlose Befristung rechtlich wasserdicht ist, wenn der Arbeitnehmer vor über drei Jahren schon einmal im Betrieb beschäftigt war. Umgekehrt kann betroffenen Arbeitnehmern in einer solchen Fallkonstellation nur geraten werden, die Erfolgsaussichten einer so genannten Entfristungsklage anwaltlich prüfen zu lassen.
Generell gilt bei dem Abschluss befristeter Arbeitsverträge, dass die hiermit verbundenen Risiken vom Arbeitgeber nicht zu unterschätzen sind und deshalb unbedingt anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden sollte. Anderenfalls besteht die Gefahr, dass sich der befristet abgeschlossene Arbeitsvertrag später als unbefristeter Arbeitsvertrag entpuppt und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses damit erheblich erschwert würde.